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Dr. Maria-Dorothea Heidler

Diplom-Sprechwissenschaftlerin & Fachtherapeutin für Kognitives Training


Postanschrift:

Brandenburg Klinik

Neurologisches Rehabilitationszentrum (NRZ-N1)

Johann-Strauß-Str. 4

16321 Bernau-Waldsiedlung

Email:heidler@brandenburgklinik.de

 


Vita

1991-1996: Studium der Sprechwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Rehabilitationswissenschaften)

seit 1996: Tätig als akademische Sprachtherapeutin in der neurologischen Abteilung der Brandenburg Klinik (Bernau-Waldsiedlung)

2004: Ausbildung zur "Fachtherapeutin für Kognitives Training" an der Akademie für Kognitives Training nach Dr. med. Franziska Stengel in Stuttgart

2005: Promotion zum Thema "Kognitive Dysphasien" an der Humboldt-Universität zu Berlin

2008: Gründungsmitglied der Communication Academy Berlin www.communication-academy.org

2012-2017: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Rehabilitationswissenschaften an der Universität Potsdam

 

 

Heidler, M.-D. (2008): Effekte multisensorischer Stimulationsverfahren bei hirngeschädigten Patienten. Rehabilitation, 47, 23-30

 

Zusammenfassung: Klassische Programme der multisensorischen Stimulation (MSS) enthalten u.a. Module zur visuellen, akustischen, olfaktorischen und vestibulären Anregung. Therapeutisches Ziel ist die Herstellung einer möglichst optimal strukturierten und fördernden Umgebung, die angepasst ist an die reduzierte Wahrnehmungs- und Kognitionsfähigkeit von komatösen, dementen und lernbehinderten Patienten.

Bei kritischer Durchsicht von Effektivitätsstudien (recherchiert in den Datenbanken EMBASE und PubMed) wird deutlich, dass einerseits ein Mangel im Hinblick auf vergleichbare und aussagekräftige Studien besteht sowie andererseits die Evidenz für die Wirksamkeit von MSS-Verfahren insgesamt gering ist. Zwar zeigen einige Studien positive Kurzzeiteffekte von MSS in Bezug auf Verhaltensänderungen bei komatösen, dementen und lernbehinderten Patienten, jedoch keine evidenten Langzeitwirkungen. Der Nachweis transienter Effekte legitimiert jedoch die Anwendung von MSS bei hirngeschädigten Patienten.

 Abstract:Classical multisensory stimulation (MSS) comprises of modules in visual, acoustical, olfactorial and vestibularic stimulation. Therapeutic goal is the best possible structured and supporting environment which is adapted to the reduced abilities in perception and cognition of patients in a coma, with dementia or with a learning disability. A critical review (of the databases EMBASE and PubMed) show that there is a shortage of studies and a poor evidence for the effectiveness of multisensory stimulation approaches in general. A few studies show positive short-term effects concerning behavioral changes in patients in a coma, with dementia or with a learning disability, but no evident long-term effects. Verifiable short-term effects legitimate multisensory interventions in brain-damaged patients though.

 


Heidler, M.-D. (2008): Sprachtherapie bei Multipler Sklerose. Symptomorientiertes und umgekehrt symptomorientiertes Training bei dysarthrischen, dysphagischen, aphasischen und kognitiven Beeinträchtigungen. Neurologie & Rehabilitation, 14 (3), 117-126

 Zusammenfassung: Sprachtherapeutische Interventionen bei Patienten mit Multipler Sklerose umfassen die Diagnostik und Therapie von Dysarthrien, neurogenen Dysphagien, Aphasien und sprachverarbeitungsrelevanten kognitiven Beeinträchtigungen. Trotz einer hohen inter- und intraindividuellen Symptomvariabilität bestehen bei 50% der MS-Patienten leichte bis mittelschwere Dysarthrien, Dysphagien und kognitive Defizite, bei 3% treten außerdem akute und chronische kortikale und subkortikale Aphasien auf. Der Schwerpunkt liegt zunächst auf der Behandlung neurogener Dysphagien – einerseits zur Absicherung vegetativer Grundfunktionen (selbständige und aspirationsfreie orale Nahrungsaufnahme), andererseits zur Prophylaxe von Pneumonien.

Für MS-Patienten spezifizierte Therapieverfahren existieren aufgrund der stark variierenden Symptomatik nicht – Anwendung finden klassische Methoden der Neuropsychologie, Dysarthrie-, Dysphagie- und Aphasietherapie. In Phasen der Remission ist vor allem ein symptom-orientiertes Training (SOT) indiziert. Im weiteren Verlauf ist unter Berücksichtigung der Faktoren, die bei MS-Patienten die Therapieeffektivität limitieren (vor allem irreversible Axonverluste und hirnatrophische Prozesse) ein umgekehrt symptom-orientiertes Training (USOT) empfehlenswert, das durch kompetenzerhaltendes Üben Pflegebedürftigkeit hinauszögern soll.

 Abstract: Interventions of speech and language therapy in patients with multiple sclerosis comprise the diagnostics and therapy of dysarthrias, neurogenic dysphagias, aphasias and cognitive disturbances which are relevant for language processing. In spite of the high intra- and interindividual variability of symptoms nearly 50% of the patients with MS have mild or moderate dysarthrias, dysphagias and cognitive impaiments, in 3% of the patients also occur acut and chronic cortical and subcortical aphasias. The main therapeutic goal is the assessment and treatment of neurogenic dysphagias to sustain basic vegetative functions (patients ability of independent and aspiration-free ingestion) and help to avoid pneumonias.

There are no specific therapeutic settings for patients with MS because of high symptomatic variability – the treatment consists of classic methods of neuropsychological, dysarthria-, dysphagia- and aphasia-therapy. In the state of remission a symptom-oriented training appears to be useful. Considering the factors which limitate the effects of treatment in patients with MS (primarily an irreversible axonal loss and cerebral atrophy) in the further course an inverse symptom-oriented training seems appropriate, which can delay a high level of individual care.

 


Heidler, M.-D. (2008): Aufmerksamkeit und Sprachverarbeitung. Sprache – Stimme – Gehör, 32, 74-85

 

Zusammenfassung: Effektive Sprachverarbeitung stützt sich zu großen Teilen auf attentionale Prozesse, die durch Interaktion distribuierter neuronaler Netzwerke zustande kommen. Während Sprachrezeptionsprozesse ein hohes Maß an selektiver Aufmerksamkeit erfordern bei der frühen Informationsselektion und bei der Herstellung einer kohärenten mentalen Textbasis, verlangen Sprachproduktionsprozesse vor allem im Hinblick auf Planung und Überwachung Aufmerksamkeitsressourcen. Zahlreiche Subkomponenten der Sprachverarbeitung sind bei gesunden Sprechern hochautomatisiert und wenig aufmerksamkeitsintensiv (syntaktische Verarbeitung, lexikalische Aktivierung), können jedoch durch zerebrale Läsionen innerhalb des funktionalen Aufmerksamkeitssystems ihre Automatisiertheit verlieren. Während Störungen der Aufmerksamkeitsintensität Sprachverarbeitungsprozesse vor allem verlangsamen, führen Störungen der Aufmerksamkeitsselektivität u.a. zu Kohärenzbrüchen bei der Produktion und Rezeption von Äußerungen. So zeigen bspw. Patienten mit Frontalhirnschädigung bei Ad-hoc-Steuerungen tangentiale und inkohärente Sprachproduktionen sowie im freien Diskurs Defizite im Sprachverständnis infolge einer beeinträchtigten Inhibition irrelevanter Informationen und einer mangelhaften Fokussierung des Wesentlichen. Bei aphasischen Patienten führen beeinträchtigte Inhibitions-, Sequenzierungs- und Fokussierungsprozesse zu einer fluktuierenden und störanfälligen Sprachverarbeitung.

Abstract:Effective language processing mainly relies on attentional processes which result from the interaction of distributed neuronal networks. While processes of language comprehension require a high degree of selective attention for early information selection, and the creation of a coherent mental textbasis, processes of language production demand attentional ressources especially in regard to planning and controlling. Many subcomponents of language processing in healthy speakers are highly automated and do not require much attentional control (syntactical processing, lexical activation), however cerebral lesions within the functional attentional system may cause these processes to loose their state of automatization. While disorders of attention intensity mainly reduce the speed of language processing, impairments of attention selection also cause disturbances of coherency in verbal production and perception. For example patients with frontal lesion show a tangential and incoherent speech production in ad-hoc situations, impaired comprehension in free discourse situations caused by diminished inhibition of irrelevant information, and a disturbed focus on the essential. Patients with aphasia show a delayed, interference prone, and fluctuating language processing caused by impaired inhibition, serializing, and concentration.

 


Heidler, M.-D. (2008): Einteilung, Diagnostik und Therapie von Kognitiven Dysphasien. Die Sprachheilarbeit, 53 (6), 334-341

 

Zusammenfassung: Kognitive Dysphasien bezeichnen hirnorganisch bedingte nichtaphasische zentrale Sprachstörungen, die durch beeinträchtigte attentionale, mnestische und/oder exekutive Funktionen verursacht werden.

Mittels einer speziell für schwere Sprachverarbeitungsstörungen entwickelten Aufmerksamkeits- und Gedächtnis-Diagnostik (AGD) können die beeinträchtigten (attentionalen, mnestischen und/oder exekutiven) kognitiven Funktionen ermittelt werden. Außerdem können durch Untertests zur Prüfung von Orientierung, Wortgenerierung, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeitsbelastung, visueller Rekognition und verbaler Textreproduktion Kognitive Dysphasien von Aphasien ausreichend sicher differenziert werden. Die Ergebnisse des Screenings bilden die Grundlage für die Planung einer störungsspezifischen Kognitiv ausgerichteten Sprachtherapie (KAS).

Abstract: The term “cognitive dysphasias” describes brain damage related non-aphasic central language disorders where attentional, mnemonic, and executive disorders lead to disturbed language processing.

A new tool for severely disturbed patients, the Attentional- and Mnemonic Diagnosis, allows for an assessment of underlying (attentional, mnemonic and/or executive) cognitive impairments. Subtests for orientation, word fluency, information processing speed, attentional load, visual recognition and verbal textreproduction also allow for a sufficient differentiation between cognitive dysphasias and aphasias. The findings of the screening diagnosis are the basis for planning an impairment-specific cognitive oriented language therapy.

 


Heidler, M.-D. (2009): Kognitiv bedingte Dysphagien in der Geriatrie – ein Fall für die Sprachtherapie? LOGOS Interdisziplinär, 17 (1), 36-44

 

Zusammenfassung: Störungen von Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Exekutivfunktionen führen zu zahlreichen Problemen bei der Nahrungsaufnahme wie Nahrungsverweigerung, Nahrungsverkennung oder das Vergessen des Essens. Solche kognitiv bedingten Schluckstörungen (Dysphagien) werden durch verschiedene alterskorrelierte hirnorganische Erkrankungen hervorgerufen und sind durch TherapeutInnen und Pflegekräfte häufig schwer zu managen. Neben physiologischer Altersanorexie (altersbedingter Appetitlosigkeit), Polypharmakotherapie und sozio-kulturellen Ursachen sind kognitiv bedingte Dysphagien bei der Entstehung von Mangelernährung (Malnutrition) im Alter nicht zu unterschätzen, die zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate und einer Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit führt. Beim Vorliegen schwerer kognitiver Störungen scheint der Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ in Bezug auf die Nahrungsaufnahme keine Gültigkeit zu haben. Einerseits profitieren PatientInnen mit kognitiv bedingten Dysphagien häufig nicht von klassischen schlucktherapeutischen Interventionen, da diese ein Mindestmaß an geistiger Leistungsfähigkeit voraussetzen. Andererseits ist die Vermeidung von Malnutrition und Sicherstellung einer ausreichenden oralen Einfuhr vor allem Aufgabe des Pflegepersonals, denen zahlreiche effektive Kommunikationsstrategien zur Verfügung stehen, um Verhaltensauffälligkeiten während der Nahrungsaufnahme nicht zu verstärken.

 Abstract: Attentional, mnemonic and executive dysfunctions cause several problems related to food intake such as the refusal of food, misjudgement of food or the neglect of eating. Such dysphagias caused by cognitive disorders are induced by different age-related brainorganic diseases and are difficult to manage by therapists and nursing staff. Among physiological anorexia of aging, polypharmacotherapy and socio-cultural reasons dysphagias caused by cognitive dysfunctions play an important role in malnutrition in old age which in turn increases the mortality and further lowers cognitive abilities.

In case of severe cognitive disturbances guidelines such as “rehabilitation before nursing” lose their validity with regard to food intake. On the one hand patients with dysphagias caused by cognitive disorders often have no benefit from common dysphagia treatment because it requires a minimum of cognitive capacity. On the other hand it is mainly up to the nursing staff who commands effective communication strategies for the abatement of abnormal behavior related to food intake, to ensure a sufficient oral intake in order to prevent malnutrition.

 


Heidler, M-D. (2009): Neglektdyslexie – Ätiologie, Diagnostik und Therapie einer vernachlässigten Störung. Zeitschrift für Neuropsychologie, 20 (2), 109-126

 

Zusammenfassung: Die Neglektdyslexie ist alltagsrelevante Folge eines Neglekts, in der Forschung und bei der Entwicklung effektiver Behandlungsmethoden jedoch stark unterrepräsentiert. Typische Fehler sind Omissionen, Substitutionen und Additionen von Wörtern und Buchstaben in der kontraläsionalen Raumhälfte mit resultierender Beeinträchtigung des Lesesinnverständnisses. Häufigste Ursache sind Läsionen des rechten Parietallappens – oft mit Ausdehnung in den Okzipital- und Temporallappenbereich. Anhand des 3-Stufen-Modells der visuellen Wortrekognition von Caramazza & Hillis (1990) können Neglektdyslexien unterteilt werden in spatiale (stimuluszentrierte) und positionale (wortzentrierte) Formen. Bislang existieren keine störungsspezifischen Programme zur Therapie der Neglektdyslexie, so dass Übungen zur Behandlung von zentralen, hemianopen und Entwicklungsdyslexien adaptiert werden müssen. Dabei müssen neglektspezifische Phänomene (wie Anosognosie, fehlender Leidensdruck, Konfabulationsneigung oder ein geringer selbständiger Transfer) berücksichtigt werden.

Abstract: Neglect dyslexia can be considered as an important consequence of neglect in everyday life, but is widely unattended in research as well as in the development of effective treatments. Its main characteristics are omissions, substitutions and additions of words and letters in the contralesional visual space which causes an impaired reading comprehension. The most common reasons of neglect dyslexia are lesions of the right parietal lobe – often with an extension into occipital and temporal lobe regions. The multi-stage-model of the word recognition process by Caramazza & Hillis (1990) explains two different forms of neglect dyslexia – spatial (stimulus-centred) and positional (word-centred) forms. So far, there are no impairment specific treatments for neglect dyslexia, but adapted exercises used for the therapy of central, hemianopic and developmental dyslexia can be used. Neglect specific symptoms (such as anosognosia, the lack of psychological stress, the tendency to confabulate and an impaired independent transfer) should be considered.

 


Heidler, M.-D. (2009): Thalamische Aphasien. Ätiologie und Erscheinungsformen von Sprachverarbeitungsstörungen nach Thalamusläsionen. Zeitschrift für Neuropsychologie, 20 (2), 127-139

 

Zusammenfassung: Primär nach linksseitigen thalamischen Läsionen manifestieren sich zwei sprachpathologische Syndrome, die charakterisiert sind durch eine entweder verminderte oder aber flüssige Spontansprachenproduktion, Wortabrufstörungen infolge mangelhafter semantischer Selektion, Perseverationen, Paraphasien, relativ intakte schriftsprachliche, syntaktische und repetitive Fähigkeiten, moderate auditive und visuelle Sprachverständnisstörungen sowie fakultative sprechmotorische Beeinträchtigungen wie Hypophonie und/oder Dysprosodie. Diese als „thalamische Aphasien“ bezeichneten Syndrome zeigen einen im Vergleich zu kortikalen Aphasien distinkten Pathomechanismus, da vor allem kognitive Basisprozesse (wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Exekutivfunktionen, Antrieb etc.) beeinträchtigt sind, die sekundär zu ineffizienten Sprachverarbeitungsprozessen führen. Zudem führen thalamische Läsionen oft zu Amnesien, Orientierungsstörungen und Anosognosie, die auf sprachlicher Ebene u.a. thematische Instabilität, Fragmentation und Konfabulationen zur Folge haben.

Abstract:After lefthemispheric thalamic lesions primarily two pathological language syndromes occur. These are characterized by several symptoms, such as a reduced spontaneous speech production or spared fluency, anomia which is caused by impaired semantic selection, perseverations, paraphasias, relatively unimpaired abilities in reading and writing and in syntactical and repetition skills, moderately impaired auditory and visual comprehension and optional speech disturbances like hypophonia and/or dysprosodia. These syndromes, known as “thalamic aphasias”, show a distinct pathomechanism in comparison with cortical aphasias, because they mainly effect basic cognitive processes (attention, memory, executive functions, internal drive etc.), which secondary cause a deteriorated language processing. Additionally, thalamic lesions often cause amnesias, desorientation and anosognosia, which lead to thematic instability, fragmentation and confabulations.

 


Heidler, M.-D. (2010): Konfabulationen – Alte und neue Theorien eines rätselhaften Phänomens. Fortschritte Neurologie – Psychiatrie, 78, 256-268

 

Zusammenfassung: Konfabulationen sind kein einheitliches Syndrom, sondern umfassen verschiedene Formen verbaler Behauptungen mit unterschiedlicher Ätiologie. Sie können autobiografische Ereignisse, semantisches Wissen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft betreffen und sind fabrizierte, verzerrte oder missinterpretierte Erinnerungen oder Wahrnehmungen ohne bewusste Täuschungsabsicht.

Verursacht werden Konfabulationen durch unterschiedliche Störungsmechanismen: Einerseits durch defizitäre Gedächtnisfunktionen (vor allem gestörte Gedächtniskontrollprozesse) wie Quellenamnesie oder Störungen im strategischen Abruf von Erinnerungen, andererseits durch Wahrnehmungsstörungen (z.B. Neglektphänomene). Konfabulationen haben die Funktion, der aktuellen Situation einen Sinn zu geben, die persönliche Identität in Interaktion mit anderen aufrechtzuerhalten und Handlungen zu organisieren und zu legitimieren.

Abstract: Confabulations are no unitary syndrome, but comprise different forms of verbal statements with a varying aetiology. They can pertain to autobiographical events, semantic knowledge, the past, presence and future and are fabricated, distorted or misinterpreted memories or perceptions without conscious intent to deceive. Confabulations are caused by different mechanisms: on the one hand by disturbed memory processing (mainly by monitoring disturbances) – such as impairments in source monitoring or in the strategic retrieval of memories, on the other hand by perceptual disorders (such as neglect). Confabulations act as sense-makers in a current situation, as self-makers to keep one’s identity in interaction with others and as world-makers to organize and legitimate actions.

 


Heidler, M.-D. (2010): Mikrografien. Ursachen, Vorkommen und Interventionsmöglichkeiten. Nervenheilkunde, 7-8, 477-481

 

Zusammenfassung: Mikrographien sind erworbene Störungen des Schreibens, die durch konsistente oder progressive Verkleinerung der Buchstabengröße charakterisiert sind. Neben links-parietalen Schädigungen werden sie primär durch degenerative Veränderungen oder fokale Läsionen der Basalganglien und striato-frontaler Schaltkreise verursacht. Mikrographien sind daher ein häufiges Symptom bei Parkinson-Syndromen und nach Mediainfarkten. Schriftproben zeigen, dass Mikrographien nach rechtsseitigen Infarkten der Arteria cerebri media in zahlreiche kognitive und perzeptuelle Defizite eingebettet sind und das Schreiben aufgrund schwerer räumlicher Störungen neographisch ist trotz intakter Sprachsystematik.

Bei der Diagnose von Mikrographien sind prämorbide Schriftproben unerlässlich, wobei das Kopieren von Buchstaben und Figuren aussagekräftiger als das freie Schreiben ist. Therapeutisch wirksam sind aufmerksamkeitslenkende Methoden und kompensatorische Hilfen. Je ausgeprägter Störungen der selektiven Aufmerksamkeit sind, desto geringer ist die Therapieeffektivität.

 Abstract: Micrographia is an acquired disturbance of writing, which is characterized by consistent or progressive diminution of letter size. Micrographia is mainly caused by left parietal lesions and degenerative changes or focal lesions of the basal ganglia and striato-frontal circuits. Therefore, micrographia is a common symptom in Parkinson’s disease or in ACM infarction. Writing samples show that micrographia in patients with right ACM infarction is embedded in numerous cognitive and perceptual deficits. Due to severe spatial impairments handwriting is neographic in spite of normal language structures.

In the diagnosis of micrographia premorbid samples of writing are essential, however a patient’s copy of letters and figures is more significant than free writing. Effective treatments are interventions which focus the patient’s attention on the writing process or give compensatory assistance. Severe impairments in selective attention decrease therapeutic effectiveness. 

 


Heidler, M.-D. (2010): Nahrungsverweigerung bei geriatrischen Patienten – Formen, Ursachen und Management. Neurogeriatrie, 7 (2-3), 49-53

 

Zusammenfassung: Das Verweigern und Ablehnen von Nahrung ist ein häufiges Problem im klinisch-geriatrischen Alltag und kann akut oder chronisch, bewusst oder unbewusst, aktiv oder passiv, verbal oder nonverbal erfolgen. Die zugrunde liegenden Ursachen sind multifaktoriell und umfassen physische, psychisch-kognitive, soziale, kulturelle und religiöse Faktoren. Häufig ist das Motiv einer Nahrungsverweigerung nicht ohne weiteres ersichtlich und bedarf einer umfassenden Abklärung. Wichtig ist insbesondere die Differenzierung hinsichtlich Nichtessenwollen und Nichtessenkönnen, da sich hier entscheidet, ob das Handeln des Personals Unterstützung oder aber Zwangsmaßnahme ist. Zur Vermeidung von Malnutrition sollte rechtzeitig eine künstliche Ernährung in Erwägung gezogen werden.

Abstract: Food refusal is a frequent problem in clinical geriatric daily routine which can be acute or chronic, conscious or unconscious, active or passive, verbal or nonverbal. The underlying causes are multifactorial and contain physical, psychological, cognitive, social, cultural and religious factors. Often the motive of food refusal is not obvious so that a thorough investigation is necessary. Above all it is crucial to differentiate between patients who are unwilling to eat and patients who are unable to eat. On this basis the staff can conclude whether own acting is assistance or enforcement. To avoid malnutrition artificial nourishment should be taken into consideration in time.

 


Heidler, M.-D. (2010): Sprachtherapie bei progressiver supranukleärer Blickparese (PSB). LOGOS Interdisziplinär, 18 (3), 192-198

 

Zusammenfassung: Die progressive supranukleäre Blickparese (PSB) ist eine neurodegenerative Erkrankung der Basalganglien, die erstmals 1964 von Steele, Richardson und Olszewski genauer beschrieben wurde. Hauptmerkmale der PSB sind psychomotorische Verlangsamung und gestörte Exekutivfunktionen, die innerhalb weniger Jahre zu einer fronto-subkortikalen Demenz führen. Sprachtherapeutisch relevante Symptome der Erkrankung sind Kognitive Dysphasien dysexekutiver Genese, gemischte hypokinetisch-spastische Dysarthrophonien, neurogene Dysphagien mit Störung der oralen und pharyngealen Phase sowie kognitiv bedingte Schluckauffälligkeiten infolge exekutiver Dysfunktionen. Aufgrund von progredienter Kognitiver Dysphasie, Dysarthrophonie und Dysphagie sollte neben Physio- und Ergotherapie unbedingt auch eine sprachtherapeutische Behandlung erfolgen. Im Vordergrund steht zu Erkrankungsbeginn die Diagnostik exekutiver Defizite (z. B. mittels der zeitökonomischen Frontal Assessment Battery) sowie deren symptomorientierte Therapie. Ab dem mittleren Erkrankungsstadium sollte ein umgekehrt-symptomorientiertes Training exekutiver, sprechmotorischer und phagischer Funktionen Priorität haben zur möglichst langfristigen Stabilisierung noch vorhandener Kompetenzen.

Abstract: Progressive supranuclear palsy (PSP) is a neurodegenerative disease of the basal ganglia, which was first described precisely by Steele, Richardson and Olszewski in 1964. Main features of PSP are psychomotorical deceleration and disturbed executive functions, which lead to fronto-subcortical dementia within a few years. Relevant symptoms of PSP for speech therapy are cognitive dysphasias of dysexecutive origin, mixed hypokinetic-spastic dysarthrias, neurogenic dysphagias with difficulties in oral and pharyngeal stage and impaired deglutition based on executive dysfunctions. Due to the progression of cognitive dysphasia, dysarthrophonia and dysphagia, patients with PSP should receive obligatory speech therapy besides physical and occupational therapy. In the early stage of the disease an assessment of executive function disorder is important (e. g. by use of the brief Frontal Assessment Battery) as well as a symptomatic treatment of these deficits. In the middle stage of the disease an inverse-symptomatic treatment of executive, speech motor and phagic functions is essential to stabilise still available skills as long as possible.

 


Heidler, M.-D. (2010): „Kognitive Dysphasien“ – ein Klassifikationsmodell für nichtaphasische zentrale Sprachstörungen. Neurologie & Rehabilitation, 16 (5), 217-222

 

Zusammenfassung: Kognitive Dysphasien sind hirnorganisch bedingte nichtaphasische Sprachstörungen infolge beeinträchtigter Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Exekutivfunktionen. Solche Sprachverarbeitungsstörungen wurden bislang relativ unspezifisch als „nichtaphasisch“ bezeichnet und umfassen eine Vielzahl heterogener Symptome, die von Tangentialität, Inkohärenz, pragmatischen Beeinträchtigungen und Hyperverbalisierungen bis hin zu Konfabulationen und Sprachantriebsstörungen reichen. Bislang wurden zwar einzelne nichtaphasische Sprachstörungen beschrieben – bspw. nach rechtshemisphärischen Läsionen, nach Schädel-Hirn-Traumata oder bei exogenen Psychosen – eine übergeordnete Klassifikation gab es bislang jedoch nicht und dementsprechend auch keine übergeordneten therapeutischen Herangehensweisen.

Der Terminus „Kognitive Dysphasie“ soll die unspezifische Bezeichnung der „nichtaphasischen zentralen Sprachstörung“ ablösen, bislang vernachlässigte zentrale Sprachverarbeitungsstörungen (z.B. bei Demenzen oder nach Hypoxie) in ein umfassenderes Klassifikationssystem integrieren und Grundlage einer Kognitiv ausgerichteten Sprachtherapie sein, mit der diejenigen kognitiven Störungen therapiert werden, die die Kommunikationsfähigkeit des Patienten im Alltag am meisten beeinträchtigen.

 Abstract: Cognitive dysphasias are brain damage-related, non-aphasic language disorders caused by attentional, mnemonic and executive disturbances. Such language processing disorders are until now relatively unspecifically termed as “non-aphasic” and include a large number of heterogeneous symptoms such as tangentiality, incoherence, pragmatic disturbances, hyper verbalizations, confabulations or a reduced speech drive. A few of these non-aphasic language disorders are well described – for example language impairments after right hemisphere damage, after traumatic brain injury or within exogenic psychosis. However, until this day there is no superordinated classification and therefore no superordinated therapeutic approach exists for such language disorders.

The term “Cognitive dysphasias” is supposed to replace the common denotation “non-aphasic central language disorder” and should integrate central language disturbances (such those within dementias or hypoxias) which have been neglected so far in a broad classification system. This system could be the basis of a cognitive-oriented language therapy which includes options of treatment for those cognitive impairments that most affect the patient’s communication ability in everyday life.